Formen aus dem 3D-Drucker: Einsatz der Technologie für die Lebensmittelherstellung
Die Digitalisierung eröffnet in der Herstellung von Lebensmitteln neue Möglichkeiten. Im Rahmen eines NRP-Projekts hat die prodartis AG geprüft, ob eine rein additive Fertigungsmethode für die Herstellung von Lebensmittelformen möglich ist. Mit der Neuen Regionalpolitik, die 2008 in Kraft getreten ist, unterstützen Bund und Kantone Projekte, welche die Wertschöpfung, die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovation in ländlichen Gebieten verbessern. Die Firma prodartis AG hat vor einigen Monaten ein NRP-Projekt gestartet, um zu testen, inwieweit der industrielle 3D-Druck für die Lebensmittelherstellung eingesetzt werden kann. Um das Projekt anhand von konkreten Beispielen prüfen zu können, wurden die Bischofberger AG, die Chocolaterie Appenzell GmbH und die Böhli AG mit ins Boot geholt.
Bibermodel aus dem Drucker
Bei der Bischofberger AG werden die grossen Biber auch heute noch von Hand gefertigt. Nebst den traditionellen Sujets können damit auch individuelle Motive – wie beispielsweise Logos oder Botschaften – auf den Bibern abgebildet werden. Die entsprechenden Formen, die sogenannten Model, werden von Hand in Birnbaumholz geschnitzt. Damit können selbst feinste Nuancen abgebildet werden. Der Teig wird in die Form gedrückt, wodurch der Biber sein Sujet erhält. Andrea Bischofberger erklärt: «Seit unzähligen Jahren stellt der Holzbildhauer Guido Neff die Model für uns her. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung fertigt er die Model in einer Qualität und Quantität, die ihresgleichen sucht. Damit wir für die individuellen Biber auch eine Lösung haben, wenn Guido Neff sein Kunsthandwerk altershalber nicht mehr anbieten könnte, begleitet uns der Gedanke über mögliche Alternativen.» Entsprechend offen war sie für das Machbarkeits-Projekt der prodartis. Es wurden verschiedene Modelgrössen und Sujets im 3D-Druck getestet. Das Ergebnis zeigt: Grundsätzlich könnten die Holzmodel durch Kunststoffmodel aus dem Drucker ersetzt werden. Jedoch ist der Aufwand für die Digitalisierung der filigranen Sujets aktuell noch deutlich zu hoch. Die digitale Abbildung von verschiedenen Tiefen und Rundungen benötigt einen hohen technischen Aufwand, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin auf das traditionelle Handwerk gesetzt wird.
Machbarkeit bestätigt
Roman Speck, Projektleiter bei der prodartis AG ergänzt: «Die technische Machbarkeit konnte mit diesem Projekt vollumfänglich nachgewiesen werden. Allerdings ist der Aufwand für die Digitalisierung ein wesentlicher Bestandteil, wenn nicht sogar der grösste Kostentreiber». Liegt ein 3D-Modell erstmal vor, so ist der 3D-Druck sehr schnell; auch grösseren Stückzahlen sind innerhalb weniger Tage herstellbar. Die Auflösung und Wiederholgenauigkeit liegt im zehntel Millimeterbereich und ist damit absolut ausreichend. Während der Holzschnitzer die Höhen und Tiefen eines Sujets nach seiner Erfahrung und seinem Gutdünken gestalten kann, benötigt der 3D-Drucker jedoch klare Daten. Diese sind – beispielsweise in Firmenlogos – aber noch in den wenigsten Fällen bereits digital in einem 3D-Modell vorhanden.
Gussformen aus Appenzell
Dass der industrielle 3D-Druck für gewisse Lebensmittel aber sehr wohl eine Alternative zu den herkömmlichen Fertigungsmethoden sein kann, beweisen die Tests für die Chocolaterie Appenzell GmbH. «Die Schablonen für unsere Schokolade-Tafeln könnten unter Umständen via 3D-Druck günstiger hergestellt werden als bei unseren bisherigen Anbietern. Wir werden das in den kommenden Monaten nochmals genauer prüfen. Es wäre natürlich ein spannender Mehrwert für uns und das Produkt, wenn auch die Gussformen von der prodartis AG gefertigt werden und somit Appenzeller Ursprung haben,» schliesst Christof Koller ab.
Noch kein Online-Shop
Im Rahmen des Projekts war ursprünglich ein weiterer Aspekt angedacht worden: Ein Online-Shop innerhalb der Website von Appenzellerland Tourismus AI. Darin hätten interessierte Firmen und Privatpersonen individualisierte Appenzeller Produkte bei regionalen Herstellern bestellen können. Die entsprechenden Formen für die massgeschneiderten Beschriftungen und Sujets wären via prodartis hergestellt und vom entsprechenden Lebensmittelproduzenten verwendet worden. Da die Vielfalt der Appenzeller Produkte aber sehr hoch ist, wurde dieses Teilprojekt nicht weiterverfolgt.
Die beteiligten Unternehmen sind sich einig: Es hat sich gelohnt, die finanziellen und personellen Ressourcen in die Prüfung dieses Projekts zu investieren, auch wenn die Technologie noch nicht in jedem Fall das analoge Handwerk abgelöst.